Artikel aus den Westfälischen Nachrichten:

Warnschuss aus dem Kreishaus

Nordwalde hat in den vergangenen Jahren viele Opfer gebracht und den Gürtel enger geschnallt. Angesichts der aktuellen Entwicklung und der mittelfristigen Prognosen muss die Gemeinde aber weiterhin diszipliniert sparen.

Nordwalde – Angenehm war Bürgermeisterin Sonja Schemmann das sicher nicht. Um den heißen Brei redete sie am Dienstag in der Ratssitzung aber trotzdem nicht herum, sondern Klartext: „Am Freitag erreichte uns die Nachricht vom Kreis, dass wir ein Haushaltssicherungskonzept erstellen müssen.“

Die Fraktionsvorsitzenden hatte sie bereits kurz vor der Sitzung in kleiner Runde informiert, so dass sich die Überraschung in Grenzen hielt. Und bei einem Haushalt mit einem strukturellen Defizit von zwei Millionen Euro in 2010 mag so manch einer im Rat schon lange vorher befürchtet haben, dass der Drops noch nicht gelutscht ist. Dabei geht es gar nicht um das laufende Jahr, sondern um die mittelfristige Finanzplanung: Ihr zufolge hat Nordwalde Ende 2011 die Ausgleichsrücklage aufgebraucht und würde in den beiden Folgejahren rund 6,5 Prozent des verbleibenden Eigenkapitals verzehren.

Sonja Schemmann zeigte sich überrascht, dass der Kreis im Frühjahr bei der Durchsicht der Unterlagen zunächst nichts zu beanstanden hatte und sich jetzt doch noch meldete. Sie freute sich aber über die Zusage aus dem Kreishaus, die Verwaltung bei der Erstellung eines Sparkonzeptes zu unterstützen.

In der kurzen anschließenden Diskussion wies SPD-Fraktionsvize Christian Büchter darauf hin, dass die Sozialdemokraten schon im Vorfeld der Haushaltsverabschiedung kritisiert hatten, dass die mittelfristige Finanzplanung einen „erheblichen Werteverzehr“ bedeute. FDP-Fraktionsvorsitzender Heinz-Dieter Lüning hingegen fand, die Einschätzung „erheblich“ sei bei 6,5 Prozent pro Jahr unangemessen. Die Kritik von Grünen-Fraktionschef Friedrich Lohölter zielte indes in Richtung Kreis. Er zeigte kein Verständnis dafür, dass dessen Kämmerei den Finanzplan erst jetzt beanstandet.

Die Bürgermeisterin und Nordwaldes Kämmerin Doris Böckenfeld wollen jetzt die Sommerpause nutzen, „um sich intensiv in die Materie einzulesen“, wie Schemmann im Rat ankündigte. Im Gespräch mit den WN ergänzte sie, dass man die Aufforderung aus dem Kreishaus als wichtigen Warnhinweis betrachte, die Zukunft genau im Blick zu behalten. Sie zeigte sich aber optimistisch, dass sich das Problem allen voran durch steigende Gewerbesteuereinnahmen lösen wird: „Da zeichnen sich Entwicklungen ab, die wir vor einem halbem Jahr noch nicht absehen konnten.“

Auf Anfrage der Westfälischen Nachrichten berichtete Claudia Klemann, Sachgebietsleiterin in der Kreiskämmerei, dass sich derzeit inklusive Nordwalde acht der 24 Kommunen des Kreises in der Haushaltssicherung befinden, wobei der Kreis fünf Haushaltssicherungskonzepten den Genehmigungsstempel verweigert habe. Da Kreiskämmerer Dr. Martin Sommer eine „wesentliche Verbesserung der Rahmenbedingungen“ nicht sieht, geht er davon aus, dass im kommenden Jahr weitere Kommunen hinzukommen.

Zurzeit profitieren einige Wackelkandidaten davon, dass sie später als Nordwalde auf das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) umgestellt haben und somit noch länger als Nordwalde von der Ausgleichsrücklage (siehe Thema-Kasten) profitieren werden. In der Kreiskämmerei geht man aber davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis diese Kommunen ihre Ausgleichsrücklage aufgebraucht haben und dann ebenfalls in die Haushaltssicherung rutschen.