SPD-Fraktion im Rat der Gemeinde Nordwalde
Rede zum Gemeindehaushalt 2024 am 12. Dezember 2023
(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrte Frau Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
Nach vielen Jahren, die uns im Rückblick fast golden vorkommen müssen, haben wir nach Corona und dem Krieg in der Ukraine nun einen weiteren kriegerischen Konflikt im Bereich Naher Osten, wobei letzterer durch den importieren Antisemitismus und der stärker gefühlten Gefahr durch Islamisten viele Bürgerinnen und Bürger verunsichert. Gut erinnerlich ist mir, wie bei der Eröffnung unserer Umgehungstrasse die Auffahrten durch querstehende Feuerwehrfahrzeuge gesichert worden sind.
Kein Wunder, dass das Wort des Jahres „Krisenmodus“ ist.
Die Belastungen durch die stark gestiegene Inflation versucht die Bundesregierung u. a. durch die Energiepreisbremse abzumildern. Diese, aber auch die Milliarden für die Unterstützung der Ukraine und die Kosten für die Flüchtlinge führen in Berlin zu Problemen mit dem Haushalt und mit der im Grundgesetz verankerten und in den meisten Parteien neuerdings diskutierten Schuldenbremse. Diese gilt bekanntlich nur für den Bund und für die Länder, aber nicht für uns. Sollen wir uns darüber freuen, oder das bedauern? Zunächst bedeutet das für uns eine besondere Verantwortung für den Umgang mit dem vom Steuerzahler uns anvertrauten Geld. Gut vertretbar sind unserer Meinung nach Ausgaben für den Erhalt unserer Infrastruktur wie beispielsweise Schulen und Straßen. Desweiteren Investitionen, die für die Zukunft Einsparungen ergeben. Im Bereich der überall geforderten Digitalisierung erscheinen mir allerdings die Einsparmöglichkeiten bei den Personalkosten gering, wenn überhaupt vorhanden und die Investitionen etwas hoch im Vergleich zu dem möglichen Nutzen.
Bevor wir zum vorgelegten Haushaltsentwurf kommen seien mir noch ein paar allgemeine Anmerkungen gestattet.
Wir leiden unter einer überbordenden Bürokratisierung und Verkomplizierung, die viel Zeit und Geld kostet. Braucht es für den Anbau eines einzelnen Zimmers an einem bestehenden Gebäude auf einer Garage wirklich ein 35-seitiges Umweltgutachten? Müssen für Vergaben so aufwendige Ausschreibungen erstellt werden, dass dafür die teure Hilfe eines Fachbüros nötig ist? Und wenn die Vergabekammer Einspruch erhebt muss man überlegen, ob man das akzeptiert. Wenn nicht, dann bedeutet das zwei Jahre Stillstand bis zu einem Gerichtsentscheid. Dieses Problem erklärt einen Teil der gewaltig gestiegenen Kosten unseres Bürgerzentrums, aber bitte liebe Kollegen von CDU und FDP, nur einen Teil! Dann die Unmenge von Fördertöpfen, nicht nur die Gemeindeverwaltung sondern auch z. B. Heimatverein und Sportvereine müssen viel Manpower einsetzen um da den Überblick zu halten und nichts zu verpassen. Gleichzeitig ist mit den Fördertöpfen eine massive Steuerung über unsere Köpfe hinweg verbunden. Wenn ihr dieses macht, bezahlen wir 90 %, wenn ihr etwas anders macht, dann nichts. Zur Zusammenarbeit mit der landeseigene Planungsgesellschaft NRW.Urban. Nach unserem Eindruck ist die Arbeitsentlastung bei der Verwaltung geringer als erhofft. Die Kosten für die Beratung mit ca. 600 T€ ergeben einmal umgerechnet bei einem Tagessatz von üblichen 1600 € zu unserer Verwunderung 340 Beratertage. Die Verschärfung des Emissionsschutzrechts hat uns im Plangebiet Windmühlenfeld bitter eingeschränkt. Es gibt auch Stimmen, die fragen, ob die Berater das nicht hätten früher erkennen müssen.
Wie ist die Situation in Nordwalde?
Erfreulich stellt sich grundsätzlich der Wohnungsbau dar. Die Klimaschutzsiedlung, das Baugebiet Windmühlenfeld, im Ortskern ist ein größeres Projekt angefangen worden, ein anderes neigt sich der Fertigstellung. Der etwas umstrittene Neubau an der Grevener Straße fügt sich wie ich finde gut ein, das möchte ich hier einmal zugeben. Die Frage bleibt allerdings überall, gibt es da auch genug Möglichkeiten für Menschen mit geringem Einkommen. Es fehlen auch weiterhin Wohnungen im geförderten Wohnungsbau, insbesondere weil in baldiger Zukunft einige aus der Bindung fallen werden. Von der Perspektive erfreulich ist der Auenpark, für den weggefallenen Wohnmobilstellplatz sollte aber dringend Ersatz gesucht werden. Schön ist auch, dass der Auenpark einen weiteren Beitrag zum Hochwasserschutz leisten wird. Das, was die Gemeinde dafür bisher insgesamt geleistet hat, sollte durchaus einmal gewürdigt werden.
Ebenso werden Welle, Bahnhofstraße und der Bereich vor dem Bürgerzentrum schöner werden, leider bei weitem nicht so schön wie es bei einer Verkehrsberuhigung möglich gewesen wäre. Nebenbei, an den einstimmigen Beschluss dazu mag bei der Mehrheitsfraktion sich leider keiner mehr erinnern.
Eine respektable Baumaßnahme bei der Feuerwehr ist ebenso gut wie die Förderung von Elektromobilität durch Ladeeinrichtungen und des ÖPNV durch Verbesserungen an den Bushaltestellen.
Eine deutliche Verbesserung des Ortsbildes wird auch die Umgestaltung des alten ZOB durch einige Grünanlagen bringen.
Kommen wir nun zu Details des Haushalts.
Über einen großen Teil der Ausgaben brauchen wir nicht zu beraten, sie sind gesetzlich vorgegeben.
Und wie schon seit vielen Jahren ist es so, dass immer mehr auf die Gemeinden abgewälzt wird und immer weniger Kosten vom Bund oder vom Land ausgeglichen werden. Da scheinen sich die Regierungen jedweder Couleur einig zu sein.
Ein Punkt den wir kritisch sehen, ist die gewaltige Steigerung im Bereich externe EDV- Dienstleistungen, insbesondere weil die Zahl der Verwaltungsmitarbeiter in diesem Bereich in den letzten Jahren stark gestiegen ist und im Stellenplan weiter steigen soll.
Andere Dinge sind selbstverständlich, den Erhalt der Infrastruktur hatte ich schon erwähnt. So müssen die Schulen versorgt werden, die Feuerwehr muss die Unterstützung bekommen, damit sie ihre Einsätze für unser aller Sicherheit optimal durchführen kann. Bei dieser Gelegenheit wollen wir nicht den Dank vergessen für die vielen Stunden ehrenamtlichen Engagements.
Positiv zu erwähnen ist die Steigerung bei den Einnahmen der Schwimmhalle. Sie sind von 29 TE in 2020 auf 87 T€ in 2022 gestiegen. Wenn diese auch nicht die Ausgaben decken, so sind sie doch ein Zeichen für die Akzeptanz des Bades und eine erfreuliche Entwicklung. Das rechtfertigt den Einsatz weiterer Mittel.
Selbstverständlich findet der Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses am Langenkamp 10 unsere Unterstützung.
Nach langer Zeit können wir endlich wieder ein Gewerbegebiet wenigstens für einige Interessenten zur Verfügung stellen. Diese Entwicklung sollte fortgesetzt werden.
Wir wissen, dass die Wege im Außenbereich eine Herzensangelegenheit der CDU sind. Einen Antrag auf eine unseres Erachtens mögliche Einsparung haben wir uns deshalb erspart. Aber sollte man die Bankette nicht in Zukunft die durch Beton-Steine verstärken, um eine schnelle Zerstörung der Wegesränder zu vermeiden?
Wer nun noch etwas zum Bürgerzentrum erwartet, der soll nicht enttäuscht werden.
Nach dem Entscheid der Vergabekammer war man sich einig, mit einem anderen Verfahren die Baumaßnahme anzugehen, und irgendwie war voraussehbar, dass die Kostenseite sich verschlechtern wird.
Ehrlicherweise muss man zugeben, dass ein Teil der gewaltigen Kostensteigerungen der Inflation und der gerade starken Baukonjunktur geschuldet ist, zum anderen aber weil das Gebäude viel zu groß geworden ist, viele Bürgerinnen und Bürger haben das schon angemerkt, zuletzt noch nachdem sie im WDR-Bericht über die Initiative Franziskushaus die Drohnenaufnahmen gesehen haben.
Die SPD-Fraktion hatte von Beginn der Planungen zum neuen Bürgerzentrum wiederholt auf die hohen finanziellen Risiken hingewiesen und bis zuletzt immer wieder kritisiert, dass das Volumen des Gebäudekörpers immer weiter vergrößert, eine nach unserer Meinung überflüssige eine Million teure Unterkellerung auf Anregung der Bürgermeisterin mit den Stimmen der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion hinzugefügt wurde, die die Kosten weiter in die Höhe getrieben haben. Bei einer Abschreibung über 70 Jahre ist auch klar, wer das bezahlen wird.
Welche Folgen der Bau des neuen Bürgerzentrums auf die Vermögenslage und die laufenden Kosten der Gemeinde Nordwalde hat, lässt der Haushaltsentwurf 2024 deutlich sichtbar werden Dabei steht eine letzte Schätzung für die Kosten des Bürgerzentrums noch aus – aber anscheinend bewegt sich der Betrag in Richtung auf 20 Mio. Euro. Als eine Folge stiegen vor allem die Verbindlichkeiten in den letzten Jahren bereits massiv (2021: 21,3 Mio. €; 2022: 27, 2 Mio. €) und der negative Saldo aus der Investitionstätigkeit für 2024 zeigt, dass dieser Trend in den nächsten Jahren weiter anhält. Verstärkt wird diese Entwicklung durch die gestiegenen Zinsen, die die Handlungsspielräume der Gemeinde weiter einschränken. So kann die Zahlungsfähigkeit zurzeit nur durch die Aufnahme zusätzlicher Kredite zur Liquiditätssicherung aufrechterhalten werden. Auch zeigen sich im Jahr 2024 erstmals auch die Auswirkungen des neuen Bürgerzentrums auf die laufenden Kosten. Als Beispiel seien hier die erheblich gestiegenen Kosten für die Reinigung des neuen Gebäudes genannt, auch da spielt die Größe eine wesentliche Rolle.
Und der Ausblick auf die nächsten Jahre lässt leider mit wenig Optimismus in die Zukunft blicken. Während das Jahresergebnis in 2024 mit -373.000 € noch relativ moderat ausfällt, zeigen sich bis 2027 durchgängig und zum Teil massive negative Ergebnisse. Man muss kein Finanzanalyst sein, um abschätzen zu können, dass hierdurch zukünftige Investitionen erheblich schwieriger werden, und eine neue Haushaltssicherung ist schon deutlich sichtbar.
Abgesehen davon sehen wir im vorliegenden Haushaltsentwurf aber keine wesentlichen Investitionen oder Ausgaben, die wir als unnötig bewerten.
Ein großes Problem bleibt aber aktuell der Bereich der Kitas. Zwei davon sind unter genau genommen unerträglichen Bedingungen untergebracht, für eine ist ein Neubau am Franziskushaus geplant, hoffen wir, dass die Baumaßnahme zügig erfolgt. Was den Neubau am Althausweg betrifft, könnte es da u. a. mit dem Emissionsschutz schwierig werden.
Aus der SPD-Fraktion kam bereits vor zwei Jahren die Anregung, dass die Verwaltung nach neuen Potenzialstandorten für KiTas suchen sollte. Diese Anfrage ist bislang unbeantwortet geblieben, weshalb wir nun einen offiziellen Antrag hierzu gestellt haben. Es besteht absehbar die Gefahr, dass in der Gemeinde nicht ausreichend KiTa-Plätze für alle Anspruchsberechtigten zur Verfügung stehen. Zuletzt hatten in anderen Gemeinden mehrere Gerichte Eltern einen Verdienstausfallschaden zugesprochen, wenn ihnen kein KiTa-Platz zur Verfügung gestellt werden kann.
Auch im Bereich des Offenen Ganztags in den Schulen besteht voraussichtlich ab August 2026 ein gesetzlicher Anspruch für Kinder ab der ersten Klassenstufe – hier sollte die Gemeindeverwaltung daher jetzt die notwendigen Schritte unternehmen und die räumlichen Voraussetzungen schaffen. Der Erwerb der ehemaligen Jugendbildungsstätte war daher eine Gelegenheit, die ergriffen werden musste.
Gleichzeitig zeigt die Prognose, dass die Schülerzahlen in Nordwalde in den nächsten Jahren erheblich steigen werden. Dabei sind die räumlichen Kapazitäten jedoch bereits ausgeschöpft und die Schulen kaum auf die Dreizügigkeit vorbereitet. Dass in der Gangolf-Grundschule ein Motorikraum in einen Klassenraum umfunktioniert werden muss, ist eine untragbare Entwicklung. Auch wenn die Investitionsfähigkeit der Gemeinde in den nächsten Jahren schlecht sein wird, darf dies nicht zu Lasten der Kinder und Jugendlichen gehen.
Vor diesem Hintergrund sehen wir den Haushaltsentwurf kritisch – müssen aber gleichzeitig auch feststellen, dass keine unnötigen Investitionen geplant sind. Auch sehen wir zurzeit keine Möglichkeiten an Stellen zu sparen, um die finanzielle Situation der Gemeinde entscheidend zu verbessern. Die Stellschrauben liegen hierbei eher im Kleinen.
Im Stellenplan lehnen wir die Schaffung einer neuen Stelle für den Empfangsbereich des Bürgerzentrums ab. Besonders auch, da eine ganze Stelle geschaffen werden soll. Gerade Empfangsaufgaben könnten zum Teil digital (Stichwort Infopunkt) oder durch bestehende Mitarbeiter umgesetzt werden. Hier halten wir eine Einsparung bei unserer Haushaltslage für erforderlich.
Nicht zuletzt, weil wir auf der Einnahmeseite in der Zukunft große Risiken sehen, und zwar in den zu erwartenden Steuereinnahmen bei der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und möglicherweise aktuell bei den Einnahmen aus der Vermarktung der Grundstücke, sollte Sparsamkeit oberstes Gebot sein.
Als erfahrenes Ratsmitglied weiß ich natürlich, dass Kreis und LWL ihre Mittel nur für wirklich wichtige und unbedingt notwendige Dinge ausgeben, deshalb sage ich nichts zur Kreisumlage.
Die Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auf die Höhe des fiktiven Hebesatzes unterstützen wir. Weitere Steuererhöhungen halten auch wir in Anbetracht der weiter hohen Inflation und wegen möglicher Wettbewerbsnachteile bei der Ansiedlung von Unternehmen zurzeit für nicht angemessen.
Die Verwaltung hat wie stets bereitwillig und offen unsere Fragen beantwortet. Mit der Bürgermeisterin an der Spitze hat sie uns bei den Haushaltsberatungen durch Erläuterungen und Antworten auf sich ergebende Fragen unterstützt. Wir möchten uns hierfür bedanken.
Dem von der Bürgermeisterin eingebrachten Haushaltsentwurf können wir trotz einiger kritischen Punkte mehrheitlich zustimmen.
Haben sie Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Nun möchte ich allen noch eine ruhige und besinnliche Weihnachtszeit und ein hoffentlich friedliches 2024 wünschen.
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