Die UWG will die Hintergründe des Vorfalls in der nichtöffentlichen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses juristisch prüfen lassen. Auf der Tagesordnung stand die Grundstücksvergabe des Baugebiets „Östlich Sieverts Kamp“.

Die Beratungen, geschweige denn den Beschluss erlebten UWG-Fraktionsvorsitzender Ludwig Reichert und Dr. Rudolf Fischer im Sitzungssaal nicht mehr mit. Weil sie mit dem Prozedere der Vergabe nicht einverstanden waren, verließen sie die Sitzung gleich zu Beginn.

Ablehnung aus ökologischen Gründen
Was war passiert? Am Montag war ein Schreiben der UWG mit der Bitte um Offenlegung der Bewerberdaten bei Bürgermeisterin Sonja Schemmann eingegangen. Dabei ging es nicht nur um die persönlichen Daten, sondern auch die Sachdaten wie Grundstückswünsche. Die Angaben wurden dem Haupt- und Finanzausschuss anonymisiert vorgelegt. Dieses Vorgehen hatte der Rat im Dezember vergangenen Jahres mehrheitlich bei sechs Gegenstimmen beschlossen. Aus unterschiedlichen Gründen hatten sich damals SPD, Grüne und UWG gegen den Beschluss ausgesprochen.

Die UWG lehnte das Baugebiet aus ökologischen Motiven ab. Mit den Einzelheiten habe man sich deshalb nicht viel weiter beschäftigt worden, sagt Fischer. Dass die Daten der Bewerber anonymisiert an die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses weitergegeben werden, habe er offenbar übersehen. Das ändert aber nichts an seiner Kritik. Fischer argumentiert, dass den Ratsmitgliedern durch die Anonymisierung die Kontrollfunktion verloren gehe.

Keine Kontrolle möglich
„Wir wollen die ganze Tabelle haben“, sagt Fischer. Die UWG wollte wissen, welcher Bewerber wie viele Punkte bekommen habe und welche Wunschgrundstücke er genannt habe. Auf Basis der anonymisierten Variante sei eine sachlogische Entscheidung nicht möglich gewesen. Ob beispielsweise jemand befangen ist, sei in dem Fall nicht zu beurteilen. Fischer: „Es ist keine Kontrolle möglich.“

Sonja Schemmann möchte sich zu dem konkreten Fall von Dienstag nicht äußern. Grundsätzlich aber gelte: „Jedes Ratsmitglied kann vorab oder im Nachgang einen Antrag auf Akteneinsicht stellen.“ Auch die Frist für das Einreichen von Anträgen spricht die Bürgermeisterin an: „In der Regel müssen Anträge zehn Tage vor der Sitzung eingehen.“

Anonymisierung soll nicht Normalfall werden
Dass die Bitte um Offenlegung der Daten einen Tag vor der Sitzung kurzfristig ist, weiß Fischer. Dennoch habe er die Hoffnung gehabt, dass der Bitte nachgekommen wird: „Die Verwaltung hat ja so eine Tabelle.“ Akteneinsicht zu beantragen ist für Fischer die falsche Herangehensweise. Für ihn ist die Information über die Daten eine Frage der Bringschuld, nicht der Holschuld: „Wieso soll ich Vorarbeit machen, wenn das in die Vorlage gehört?“

Fischer beschäftigen nun zwei Fragen, die er juristisch geklärt haben möchte: Können dem Rat Informationen aus Gründen des Datenschutzes verwehrt werden? Und kann ein Rat beschließen, dass ihm Daten nicht zur Verfügung gestellt werden? Mit dem Vorgehen will das UWG-Mitglied verhindern, dass die Anonymisierung künftig zum Normalfall wird.


Aus den „Westfälischen Nachrichten“